Kaninchenwerder © Dr. Wolfgang Scheller
1. Lage
Dieses Naturschutzgebiet liegt im Schweriner Innensee, etwa 3 km entfernt vom Schweriner Schloss. Es gehört zur Landschaftseinheit Nr. 402 ("Schweriner Seengebiet").
2. Entstehung
Die Inseln Kaninchenwerder und Ziegelwerder entstanden vor ca. 20.000 Jahren (Weichseleiszeit). Die Inseln sind Teil eines heute größtenteils unter Wasser liegenden Höhenrückens. Kleinflächig sind Schmelzwassersande aufgeschüttet (Jesaer Berg). Im Uferbereich ist es abschnittsweise (Ostufer) zur Ausbildung kleiner Strandwälle gekommen. Durch Abspülung der Ufer (Abrasion) wurden kleine Kliffs ausgebildet. Das Westufer (insb. nördl. Spitze) ist durch Wellenerosion heute teilweise stark bedroht. Im historischen Verlauf
zeigt der Schweriner See stark schwankende, zeitweilig wesentlich höhere oder niedrigere Seespiegelhöhen.
Das Ergebnis der Seespiegelabsenkungen sowie der Abschlämmung von Material der Moränenhügel ist die Bildung von Seeterrassen mit vorgelagerten Verlandungsbereichen (z. B. Jesarer Bucht). Terrassen und Strandwälle sind nach Muschelfunden (einige gefundene Arten erst 1850 eingebürgert, Bau des Störkanals ab 1830) in heutiger Form erst in relativ junger Zeit entstanden. Abgeschnürte Buchten sind verlandet und heute von nassen Erlen-Bruchwäldern bestockt (auf historischen Karten deutlich erkennbar). Als typische Waldgesellschaft der sandigen Seeterrassen treten krautreiche Eschenwälder auf.
Der Große Stein, ein etwa 7,5 m³ großes Kristallingeschiebe, ragt aus dem Wasser und liegt etwa 1000m nordwestlich der Insel auf einer Untiefe.
3. Pflanzen und Lebensraumtypen
Anzahl erfasster Höherer Pflanzen auf der Insel: 269 Arten, davon 18 Arten der Roten Liste MV.
Die umfangreiche Artenliste kann eingesehen werden:
Liste aller Pflanzenarten auf Kaninchenwerder
- Ein nasser, im Winter und Frühjahr zumeist lange Zeit überstauter Erlenbruchwald ist in den letzten Jahrzehnten in einer ehemals offenen Seebucht an der Südspitze der Insel durch Verlandung entstanden.
- An diesen Bereich schließt sich der nur selten überstaute Eschenwald mit Übergang zum feuchten Buchen-Laubwald bis hin zum Perlgras-Buchenwald im zentralen Bereich der Insel an.
- In der Krautschicht des Buchenwaldes finden sich als häufige Arten u.a.: Waldmeister, Wald- Bingelkraut, Perlgras, Wald-Zwenke und Kleinblütiges Springkraut.
- Der noch relativ junge Wald auf Kaninchenwerder wird forstlich nicht mehr genutzt. Hier kann die
natürliche Waldentwicklung beobachtet werden (Prozessschutz).
- Nur an den Wanderwegen und im Hafenbereich wird aus Verkehrssicherheitsgründen gelegentlich in
den Baumbestand eingegriffen. Besonders herausragende Altbäume sollen durch forstliche Maßnahmen gezielt erhalten werden.
- Auf der Insel wurde jahrhundertelang Waldweide betrieben. Diese Nutzungsform hat zur Ausbildung der skurril geformten Buchen und Eichen ("Hudebäume") geführt. Die Waldweide gehört zu den ältesten landwirtschaftlichen Nutzungsformen und wurde schon im Neolithikum betrieben. Waldweide
ist nach dem heutigen Forstrecht unzulässig.
- Einige kleinere Wiesenflächen werden heute durch eine extensive Pflege von Zivildienstleistenden
offen gehalten.
- Die Ufervegetation der Inseln Kaninchenwerder und Ziegelwerder wird auf einer anderen Seite genauer beschrieben.
- Die groben Biotoptypen können in einer Karte im pdf-Format betrachtet werden:
Karte Biotoptypen Insel Kaninchenwerder
- Die Entwicklung der Wasserröhrichte an den Inseln Kaninchenwerder und Ziegelwerder von 1953-2016 ist auf dieser Karte dargestellt: Karte Entwicklung Wasserröhrichte Inseln Kaninchenwerder und Ziegelwerder
4. Tiere
- Wildschwein, Fuchs, Reh, Steinmarder,
und Mink kommen hier vor . Als herausragende Besonderheit ist auch der Nachweis des Fischotters zu nennen.
- Es wurden vier Fledermausarten beobachtet: Abendsegler,
Rauhaut-, Zwerg- und Wasserfledermaus.
- Ausgesetzt wurden bereits vor Jahrhunderten: Kaninchen (nicht erfolgreich eingebürgert) und Weinbergschnecke (erfolgreich eingebürgert!)
4.1 Vögel
Auf der Insel Kaninchenwerder brüteten in der Zeit von 1993 bis 2003 insgesamt 66 Vogelarten. Zu gefährdeten Arten gehören aus dieser Liste folgende Arten: Seeadler, Kolbenente, Zwergschnäpper, Schwarzmilan, Wespenbussard und Neuntöter.Ein Vergleich der auf Kaninchenwerder und Ziegelwerder brütenden Wasservogel-Brutpaare zeigt die hohe Bedeutung dieser Naturschutzgebiete für diese Gruppe von Vögeln. Der vergleichsweise höhere Brutbestand des Haubentauchers auf Ziegelwerder hängt stark mit den dort größeren Röhrichtflächen zusammen. Die Graugans und die Rohrdommel haben in den letzten Jahren nur auf Ziegelwerder gebrütet.
Wasservogel - Brutpaare auf Kaninchenwerder und Ziegelwerder im Jahr 2003
|
Kaninchenwerder |
Ziegelwerder |
Blessralle |
32 |
44 |
Drosselrohrsänger |
3 |
8 |
Graugans |
0 |
4 |
Haubentaucher |
134 |
220 |
Höckerschwan |
3 |
5 |
Kolbenente |
1 |
0 |
Reiherente |
3 |
1 |
Rohrammer |
1 |
7 |
Schellente |
2 |
2 |
Schnatterente |
0 |
1 |
Stockente |
6 |
11 |
Tafelente |
0 |
2 |
Teichhuhn |
1 |
0 |
Teichrohrsänger |
12 |
32 |
Umweltministerium MV
(Dr. SCHELLER / Dr. ZIMMERMANN 2004)
|
Eine Verbreitungskarte der Brutvögel wurde im Jahr 2003 von Dr. SCHELLER erstellt:
Karte Brutvögel Insel Kaninchenwerder 2003
Folgende Gastvogelarten wurden 1996 auf Kaninchenwerder kartiert:
Eisvogel, Erlenzeisig, Flußseeschwalbe, Flußuferläufer, Gänsesäger, Graureiher, Grünspecht, Habicht, Kolkrabe, Kormoran, Lachmöwe, Mäusebussard, Reiherente, Rotdrossel, Schellente, Schwarzspecht, Seeadler, Sperber, Sumpfohreule, Türkentaube, Turmfalke, Waldkauz, Waldschnepfe, Waldwasserläufer und Zwergtaucher.
Zu den europaweit bedrohten (Anhang I der EU Vogelschutzrichtlinie von 1979) und auf Kaninchenwerder brütenden Vögeln zählen folgende Arten: Zwergschnäpper, Schwarzmilan, Rotmilan, Seeadler, Rohrweihe, Wespenbussard
Für die geplante Ausweisung des europäischen Vogelschutzgebietes "Schweriner Seen", zu dem auch die Insel Kaninchenwerder gehört, sind darüber hinaus folgende Zugvogel-Arten von großer Bedeutung: Haubentaucher, Eisvogel, Kolbenente, Reiherente, Blessralle
5. Blick zurück
Von der Insel Kaninchenwerder liegen prähistorische Funde aus der Jungsteinzeit vor (Beile, Bohrer, Meißel, Messer, Schleifsteine, Keile, Lanzen und Pfeilspitzen sowie Dolche vom westlichen
Abbruchufer). Auch ein Hockergrab deutet auf eine sehr frühe Besiedlung der Insel hin. Die Siedlungstätigkeit ist jedoch nicht durchgehend, da diese erst ab 1500 wieder nachzuweisen ist.
Bedingt durch den Holzbedarf des Ziegeleibetriebes war die Insel zwischen 1571 und 1831 weitgehend baumfrei. Nach Einstellung des Ziegeleibetriebes einsetzende Wiederbewaldung und weitere Nutzung als Waldweide bis in das neunzehnte Jahrhundert hinein.Eine landwirtschaftliche Nutzung gab es auf der Insel bis 1980.Der Großherzog ließ Mitte des 19. Jahrhunderts durch den Hofgärtner T. Klett die Insel zu einer Parkinsel/einem Landschaftsgarten umgestalten. Dabei wurden 60 hier nicht heimische Gehölzarten angepflanzt, z.B. auch die zentrale Kastanienallee am Hauptweg.
6. Schutzstatus
Das Gebiet wurde 1935 als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Schutzgebiets- Erweiterungen erfolgten 1939 und 1982. Ab 2005 wurde diese Insel in das EU-Vogelschutzgebiet "Schweriner Seen" integriert und ist nun auch Bestandteil des LSG "Schweriner Innensee, Ziegelaußensee und Medeweger See".
Die geschützten Uferbereiche sind mit weiß-roten Tonnen gekennzeichnet. Genauere Informationen zu den im unmittelbaren Uferbereich gesperrten Bereichen und den offiziell ausgewiesenen Liegezonen finden Sie hier: Aktuelle Befahrensregelung im Bereich der Inseln Kaninchenwerder und Ziegelwerder
7. Station der SEENATOUR SCHWERIN
Das Konzept zur touristischen Nutzung insbesondere des südlichen Teils
des Naturerfahrungsraumes der Insel Kaninchenwerder wurde 2010 erstellt.
SeeNaTour Schwerin
Infotafel Naturerlebnisraum Insel Kaninchenwerder
Bericht Naturerlebnisraum Kaninchenwerder