Der Gutachterausschuss für Grundstückswerte der Landeshauptstadt und die Notarkammer MV machen Grundstücksbesitzer auf einen häufigen Irrtum aufmerksam, der beim Hausverkauf viel Geld kosten kann. Wie sie in einer gemeinsamen Erklärung betonen, ist der vom Finanzamt ermittelte Grundsteuerwert nicht mit dem Wert gleichzusetzen, den man bei einem Verkauf seiner Immobilie erwarten kann.
Eigentümer von Grundbesitz in Mecklenburg-Vorpommern mussten bis zum 31. März 2023 ihre Grundsteuererklärung abgeben und erhielten im Anschluss den sogenannten Grundsteuermessbescheid mit Angaben zum Grundsteuerwert, der jedoch nicht dem aktuellen Verkehrswert der Immobilie entspricht.
Eine individuelle Wertermittlung für jedes einzelne Grundstück im Bundesgebiet wurde für die Zwecke der Grundsteuer nicht vorgesehen. Es handelt sich um ein pauschalisiertes Massenverfahren zu einem bestimmten Stichtag. Spätere marktbedingte Preisschwankungen und grundstücksspezifische Besonderheiten finden keine bzw. nur äußerst eingeschränkte Berücksichtigung. Die für die Grundsteuer durchgeführte Bewertung erfolgt nach dem Bewertungsgesetz und ist somit keinesfalls mit einer Verkehrswertermittlung nach den im Baugesetzbuch vorgegebenen Regeln gleichzusetzen. „Es handelt sich beim Grundsteuerwert um einen rein steuerlich zu verwendenden Grundstückswert, welcher nicht als Grundlage für Kaufverhandlungen dienen sollte“, sagt der Vorsitzende des Gutachterausschusses für Grundstückswerte der Landeshauptstadt Schwerin Ulrich Frisch. „Erfahrungsgemäß unterscheidet sich der Grundsteuerwert meistens deutlich vom Verkehrswert.“
Immer wieder käme es jedoch vor, dass Bürger den Grundsteuerwert mit dem am Markt zu erzielenden Kaufpreis gleichsetzen, was im schlimmsten Fall dazu führen kann, dass eine Immobilie zu billig verkauft wird. „Der Notar kann grundsätzlich keine Aussagen über die Angemessenheit des Kaufpreises treffen und darf die Preisfindung der Parteien auf Grund seiner Neutralitätspflicht nicht bewerten“, betont der Geschäftsführer der Notarkammer Mecklenburg-Vorpommern Merlin Eufinger.
Frisch und Eufinger geben zu bedenken, dass nur der Verkehrswert nach § 194 Baugesetzbuch eine verlässliche Grundlage für die Einschätzung des am Markt zu erzielenden Kaufpreises bildet. Die exakte Ermittlung kann durch die Beauftragung eines Gutachtens bei einem öffentlich bestellten Sachverständigen oder dem örtlichen Gutachterausschuss für Grundstückswerte erfolgen.
Wer den zeitlichen und finanziellen Aufwand scheut, kann alternativ den Grundstücksmarktbericht und die Bodenrichtwertkarte des örtlichen Gutachterausschusses zu Rate ziehen. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die Grundstücksmarktberichte nur durchschnittliche Werte für die Teilmärkte z.B. Einfamilienhaus enthalten und der Bodenrichtwert die aufstehende Bebauung des Grundstücks nicht berücksichtigt.
Eine Übersicht der Sachverständigen, die Grundstücksmarktberichte und die Bodenrichtwertkarten finden Sie auf den Seiten der örtlichen Industrie- und Handelskammern und die örtlichen Gutachterausschüsse unter https://www.laiv-mv.de/Geoinformation/Wertermittlung.
Gilt der Grundsteuerwert auch bei den Steuerfreibeträgen für Schenkungen und Erbschaften?
„Nein“ betonen Frisch und Eufinger auch hier. Im Zuge einer Erbschaft oder bei lebzeitigen Schenkungen an die Kinder, ermitteln die Finanzämter den Wert des Immobilienvermögens nach eigenen Vorschriften im Bewertungsgesetz. Dafür gelten andere Regeln als für die Ermittlung des Grundsteuerwertes. Wer die steuerlichen Freibeträge optimal ausnutzen und den Anfall von Steuern vermeiden möchte, sollte sich nicht auf den Grundsteuerwert verlassen, sondern vor dem Termin beim Notar einen Steuerberater konsultieren und die Erstellung eines Verkehrswertgutachtens für seine Immobilie durch einen öffentlich bestellten Sachverständigen oder den örtlichen Gutachterausschuss für Grundstückswerte vornehmen lassen.