Lesecafé mit Anita Lasker-Wallfisch in der Stadtbibliothek - Musikerin aus London übergibt restliche Noten an Konservatorium
08.02.2017
Als junge Frau überlebte sie Auschwitz und Bergen-Belsen. Vor dem KZ-Arzt Mengele musste sie die „Träumereien“ von Schumann spielen. Nach ihrer Befreiung war sie als Mitbegründerin des English Chamber Orchestra in den Konzerthäusern dieser Welt zu Hause – und konzertierte unter anderem mit Benjamin Britten und Daniel Barenboim. Anita Lasker-Wallfisch, 1925 in Breslau geboren, war Cellistin im sogenannten Frauenorchester von Auschwitz. Ihr musikalisches Talent half ihr zu überleben. Sie ist eine der letzten noch lebenden Musikerinnen des Frauenorchesters. „Es gibt nicht mehr so viele von uns", sagt sie. Deshalb sei es eine Pflicht, einen direkten Kontakt herzustellen zwischen dem damaligen Leben und den jungen Menschen heute. „Sonst geht alles in die Geschichtsbücher hinein - und wird umgeblättert: Napoleon … Holocaust … Wir sind die Stimmen der Menschen, die man umgebracht hat."
Die in London lebende Zeitzeugin, die Jahrzehnte lang gezögert hatte, bevor sie anlässlich einer Orchester-Tournee wieder deutschen Boden betrat, hat inzwischen eine enge Beziehung zu Mecklenburg-Vorpommern und Schwerin. Die 92-jährige Musikerin ist Ehrenvorsitzende der Jury des Internationalen Wettbewerbs und Festivals Verfemte Musik. Ihre Lebensgeschichte hat sie in diesem Rahmen auch als Stoff für ein biografisches Theaterstück zur Verfügung gestellt, das im letzten Jahr beim Festival erarbeitet wurde.Die biografische Collage wurde kürzlich im Rahmen des Gedenkens für die Opfer des Nationalsozialismus von Schülerinnen und Schülern des Gymnasiums Fridericianum wiederaufgeführt.
Am 14. Februar um 10.00 Uhr besteht Gelegenheit, Anita Lasker-Wallfisch live zu erleben. Die Stadtbibliothek Schwerin hat sie eingeladen, in den Räumen im Klöresgang 3 aus ihrem Buch „Ihr sollt die Wahrheit erben“ zu lesen. Anschließend wird sie für ein Gespräch und Fragen des Publikums zur Verfügung stehen. Die Veranstaltung ist öffentlich, der Eintritt ist frei. Wegen der auf 60 Plätze begrenzten Raumkapazität sichert rechtzeitiges Erscheinen einen Sitzplatz. Die Gemeinschaftsveranstaltung des Konservatoriums und der Stadtbibliothek Schwerin wird von NDR1 Radio MV aufgezeichnet.
Bereits am Vortag, dem 13. Februar 2017, hatte Anita Lasker-Wallfisch dem Konservatorium ein letztes Konvolut von wertvollen Partituren ihres Notenarchivs geschenkt. Mehr als 3000 Partituren des Pianisten Peter Wallfisch und der Cellistin Anita Lasker-Wallfisch, darunter auch seltene Werke verfemter Musiker und Komponisten, stehen damit in Schwerin für die Forschung und die musikalische Arbeit der Schülerinnen und Schüler zu Verfügung.