1. Entstehung
Die Inseln Kaninchenwerder und Ziegelwerder entstanden vor ca. 20.000 Jahren (Weichseleiszeit). Die Inseln sind Teil eines heute größtenteils unter Wasser liegenden Höhenrückens. Kleinflächig sind Schmelzwassersande aufgeschüttet (Jesaer Berg). Im Uferbereich ist es abschnittsweise (Ostufer) zur Ausbildung kleiner Strandwälle gekommen. Durch Abspülung der Ufer (Abrasion) wurden kleine Kliffs ausgebildet. Das Westufer (insb. nördl. Spitze) ist durch Wellenerosion heute teilweise stark bedroht. Im historischen Verlauf zeigt der Schweriner See stark schwankende, zeitweilig wesentlich höhere oder niedrigere Seespiegelhöhen.
Das Ergebnis der Seespiegelabsenkungen sowie der Abschlämmung von Material der Moränenhügel ist die Bildung von Seeterrassen mit vorgelagerten Verlandungsbereichen (z. B. Jesarer Bucht). Terrassen und Strandwälle sind nach Muschelfunden (einige gefundene Arten erst 1850 eingebürgert, Bau des Störkanals ab 1830) in heutiger Form erst in relativ junger Zeit entstanden. Abgeschnürte Buchten sind verlandet und heute von nassen Erlen-Bruchwäldern bestockt (auf historischen Karten deutlich erkennbar). Als typische Waldgesellschaft der sandigen Seeterrassen treten krautreiche Eschenwälder auf.
2. Pflanzen und Lebensraumtypen
- Anzahl erfasster Höherer Pflanzen auf der Insel: 269 Arten, davon 18 Arten der Roten Liste MV.
- Ein nasser, im Winter und Frühjahr zumeist lange Zeit überstauter Erlenbruchwald ist in den letzten Jahrzehnten in einer ehemals offenen Seebucht an der Südspitze der Insel durch Verlandung entstanden.
- An diesen Bereich schließt sich der nur selten überstaute Eschenwald mit Übergang zum feuchten Buchen-Laubwald bis hin zum Perlgras-Buchenwald im zentralen Bereich der Insel an.
- In der Krautschicht des Buchenwaldes finden sich als häufige Arten u.a.: Waldmeister, Wald- Bingelkraut, Perlgras, Wald-Zwenke und Kleinblütiges Springkraut.
- Der noch relativ junge Wald auf Kaninchenwerder wird forstlich nicht mehr genutzt. Hier kann die natürliche Waldentwicklung beobachtet werden (Prozessschutz).
- Nur an den Wanderwegen und im Hafenbereich wird aus Verkehrssicherheitsgründen gelegentlich in den Baumbestand eingegriffen. Besonders herausragende Altbäume sollen durch forstliche Maßnahmen gezielt erhalten werden.
- Auf der Insel wurde jahrhundertelang Waldweide betrieben. Diese Nutzungsform hat zur Ausbildung der skurril geformten Buchen und Eichen ("Hudebäume") geführt. Die Waldweide gehört zu den ältesten landwirtschaftlichen Nutzungsformen und wurde schon im Neolithikum betrieben. Waldweide ist nach dem heutigen Forstrecht unzulässig.
- Einige kleinere Wiesenflächen werden heute durch eine extensive Pflege von Zivildienstleistenden offen gehalten.
- Die Ufervegetation der Inseln Kaninchenwerder und Ziegelwerder wird auf einer anderen Seite genauer beschrieben: Naturschutz / Pflanzen / Ufervegetation des Schweriner Innensee
3. Tiere
- Wildschwein, Fuchs, Reh, Steinmarder, und Mink kommen hier vor . Als herausragende Besonderheit ist auch der Nachweis des Fischotters zu nennen.
- Es wurden vier Fledermausarten beobachtet:
- Abendsegler
- Rauhaut-, Zwerg- und Wasserfledermaus
- Ausgesetzt wurden bereits vor Jahrhunderten: Kaninchen (nicht erfolgreich eingebürgert) und Weinbergschnecke (erfolgreich eingebürgert!)
3.1 Vögel
Auf der Insel Kaninchenwerder brüteten in der Zeit von 1993 bis 2003 insgesamt 66 Vogelarten. Zu gefährdeten Arten gehören aus dieser Liste folgende Arten: Seeadler, Kolbenente, Zwergschnäpper, Schwarzmilan, Wespenbussard und Neuntöter.
Ein Vergleich der auf Kaninchenwerder und Ziegelwerder brütenden Wasservogel-Brutpaare zeigt die hohe Bedeutung dieser Naturschutzgebiete für diese Gruppe von Vögeln. Der vergleichsweise höhere Brutbestand des Haubentauchers auf Ziegelwerder hängt stark mit den dort größeren Röhrichtflächen zusammen. Die Graugans und die Rohrdommel haben in den letzten Jahren nur auf Ziegelwerder gebrütet.
Wasservogel - Brutpaare auf Kaninchenwerder und Ziegelwerder im Jahr 2003
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Kaninchenwerder |
Ziegelwerder |
Blessralle |
32 |
44 |
Drosselrohrsänger |
3 |
8 |
Graugans |
0 |
4 |
Haubentaucher |
134 |
220 |
Höckerschwan |
3 |
5 |
Kolbenente |
1 |
0 |
Reiherente |
3 |
1 |
Rohrammer |
1 |
7 |
Schellente |
2 |
2 |
Schnatterente |
0 |
1 |
Stockente |
6 |
11 |
Tafelente |
0 |
2 |
Teichhuhn |
1 |
0 |
Teichrohrsänger |
12 |
32 |
Ergebnisse der Brutvogelkartierung auf den Inseln Kaninchenwerder und Ziegelwerder 2003 im Auftrag des Umweltministeriums MV SCHELLER/ZIMMERMANN (2004)
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Folgende Gastvogelarten wurden 1996 auf Kaninchenwerder kartiert: Eisvogel, Erlenzeisig, Flußseeschwalbe, Flußuferläufer, Gänsesäger, Graureiher, Grünspecht, Habicht, Kolkrabe, Kormoran, Lachmöwe, Mäusebussard, Reiherente, Rotdrossel, Schellente, Schwarzspecht, Seeadler, Sperber, Sumpfohreule, Türkentaube, Turmfalke, Waldkauz, Waldschnepfe, Waldwasserläufer und Zwergtaucher. Zu den europaweit bedrohten (Anhang I der EU Vogelschutzrichtlinie von 1979) und auf Kaninchenwerder brütenden Vögeln zählen folgende Arten: Zwergschnäpper, Schwarzmilan, Rotmilan, Seeadler, Rohrweihe, Wespenbussard
Für die geplante Ausweisung des europäischen Vogelschutzgebietes "Schweriner Seen", zu dem auch die Insel Kaninchenwerder gehört, sind darüber hinaus folgende Zugvogel-Arten von großer Bedeutung:
- Haubentaucher,
- Eisvogel,
- Kolbenente,
- Reiherente,
- Blessralle
4. Blick zurück
- Von der Insel Kaninchenwerder liegen prähistorische Funde aus der Jungsteinzeit vor (Beile, Bohrer, Meißel, Messer, Schleifsteine, Keile, Lanzen und Pfeilspitzen sowie Dolche vom westlichen Abbruchufer). Auch ein Hockergrab deutet auf eine sehr frühe Besiedlung der Insel hin. Die Siedlungstätigkeit ist jedoch nicht durchgehend, da diese erst ab 1500 wieder nachzuweisen ist.
- Bedingt durch den Holzbedarf des Ziegeleibetriebes war die Insel zwischen 1571 und 1831 weitgehend baumfrei.
- Nach Einstellung des Ziegeleibetriebes einsetzende Wiederbewaldung und weitere Nutzung als
Waldweide bis in das neunzehnte Jahrhundert hinein.
- Eine landwirtschaftliche Nutzung gab es auf der Insel bis 1980.
- Der Großherzog ließ Mitte des 19. Jahrhunderts durch den Hofgärtner T. Klett die Insel zu einer Parkinsel/einem Landschaftsgarten umgestalten. Dabei wurden 60 hier nicht heimische Gehölzarten angepflanzt, z.B. auch die zentrale Kastanienallee am Hauptweg
5. Naturerlebnispfad
Der Naturerlebnispfad auf der Insel Kaninchenwerder soll Besuchern einen ersten Einblick in die Vielfalt und die Besonderheiten der Lebensräume dieses Naturschutzgebietes geben. Die 19 Stationen dieses Pfades sind entlang des Hauptwanderweges auf der Insel mit kleinen roten Infosäulen (s. Foto) gekennzeichnet. Weitere Informationen zur Insel und den Stationen dieses Pfades erhalten Sie auch auf 2 Infotafeln auf der Insel, im Faltblatt "Insel Kaninchenwerder" , in der Karte "SEENATOUR SCHWERIN" und in den Kurzinformationen zum download (s.u.).
Mitglieder des Vereines Naturschutzstation Zippendorf e.V. betreuen das Naturschutzgebiet Kaninchenwerder im Auftrag des Umweltministeriums MV bzw. des Staatl. Amtes für Umwelt und Natur Schwerin. Dieser Naturerlebnispfad wurde von der Landeshauptstadt Schwerin und dem Umweltministerium MV finanziert.
Der Aussichtsturm auf dem Jesarberg ist Teil des Naturerlebnispfades und für viele Gäste der Hauptgrund eines Besuches auf Kaninchenwerder. Der 1895 errichtete Turm entstand damals auf einer fast baumfreien Fläche, und ermöglicht
heute einen Blick über die Seenlandschaft insbesondere in Richtung Westen und Südwesten. Der Bau des Turms wurde von der "Gemeinnützigen Vereinigung" finanziert. Zwei Räume im Inneren des Turmes sollen ab 2005 wieder Platz für kleine Ausstellungen bieten.
Im Jahr 2006 haben diese Ausstellung, die vom Verein Naturschutzstation Zippendorf und der Zukunftswerkstatt Schwerin betreut wurde, über 4.000 Besucher gesehen.