© Landeshauptstadt Schwerin/Hauke Behr
Der Haubentaucher (Podiceps cristatus; Dr. W. Scheller, G. Schieweck)
1. als Brutvogel auf dem Schweriner See im Jahr 2002
Vom Haubentaucher Podiceps cristatus wurden insgesamt 1.375 Brutpaare festgestellt. Die Brutdichte des Haubentauchers ist am Ziegelsee mit 11,63 BP/1000 m Ufer und am Innensee mit 10,84 BP/1000 m Ufer vergleichbar, eine deutlich höhere Dichte wurde am Außensee mit 16,16 BP/1000 m Ufer registriert .
Zu der hohen Brutdichte am Außensee trug in besonderem Maße eine Haubentaucherkolonie am Ostufer der Insel Lieps bei. In einem breiten Röhrichtgürtel (> 20 m), der sich auf einer Länge von 955 m am Ostufer der Insel entlang zieht, wurden am 31.05.2002 insgesamt 370 besetzte und weitere 20 nicht besetzte Nester des Haubentauchers gezählt.
Dieser Röhrichtgürtel hat zum Ufer der Insel über weite Strecken keinen Kontakt, er ist durch eine ca. 10 m breite "Lagune" vom Ufer getrennt. Diese Flachwasserzone ist, da sie südostexponiert liegt, gut durchwärmt und windgeschützt. Sie ist im Zusammenhang mit dem davor liegenden Röhrichtgürtel vermutlich ein begehrtes Fischlaichgebiet. Über einige Durchstiche gelangen Boote mit einem geringen Tiefgang in diese Lagune. Da diese Lagune in den Sommermonaten als Tagesliegeplatz von vielen Bootsbesitzern angesteuert wird, werden die Durchstiche dauerhaft freigehalten.
Im Bereich des Schweriner Außensees wurde noch eine weitere Kolonie am Ostufer des Ramper Moores mit mindestens 51 Paaren festgestellt. Weitere Haubentaucherkolonien befanden sich im Bereich des Schweriner Innensees. Hier wurden am Nordostufer des Schelfwerders eine Kolonie mit mindestens 50 Paaren, am Südufer des Schelfwerders eine Kolonie mit mindestens 31 Paaren und am Nordwestufer der Insel Ziegelwerder eine Kolonie mit 38 Paaren registriert. Da die Anzahl der in den Kolonien anwesenden Paare an Hand der Ende April/Anfang Mai anwesenden revierbildenden Paare ermittelt wurde, kann davon ausgegangen werden, dass die tatsächliche Anzahl der in den Kolonien vorhandenen Paare vermutlich noch deutlich größer war.
Außerhalb der Kolonien brüteten die Haubentaucher einzeln oder in lockeren kleineren Gruppen in allen Uferbereichen der Seen, die ständig überstaute Schilfröhrichte aufwiesen. Selbst Schilfröhrichte mit geringsten Ausdehnungen (> 20 m²), mitunter mitten zwischen den Bootshäusern, die auch als Wochenendhaus genutzt werden, wurden zur Nestanlage genutzt.
Auf der Grundlage der Nesterzählung und Ermittlung der Gelegegröße im Bereich der Insel Lieps und der später auf den Seen ermittelten Anzahl jungeführender Paare und der Anzahl der Jungvögel lassen sich Schätzungen zum Bruterfolg ableiten. So konnten für 333 der 370 besetzten Nester in der Kolonie die Gelegegröße ermittelt werden. Es kann davon ausgegangen werden, dass zum Zeitpunkt der Kontrolle (31.5.02) der größte Teil der Paare bereits ein Vollgelege hatte. Danach hatten 67,5 % der Paare eine Gelegegröße von 3-4 Eiern, 17,4 % der Paare hatten weniger als 3 und 7,5 % mehr als 4 Eier. Weitere 7,5 % der Paare hatten zu diesem Zeitpunkt noch kein Gelege (Abb. 1). Daraus ergibt sich eine durchschnittliche Gelegegröße von 3,1 Eiern pro Brutpaar.
Mitte August 2002 (Daten vom 14.8. und 17.8.) wurden auf den Schweriner Seen insgesamt 200 jungeführende Paare mit durchschnittlich 1,6 jv./Paar registriert . Weitere 131 Jungvögel hielten sich bereits schon in kleineren und größeren Trupps gemeinsam mit Altvögeln auf, so dass diese Jungvögel nicht mehr einzelnen Paaren zuzuordnen waren. Unter zugrundelegung der für 200 Paare ermittelten durchschnittlichen Jungenzahl von 1,6 jv./Paar lassen sich die 131 Jungvögel weiteren 82 Paaren zuordnen, so dass Mitte August auf den Schweriner Seen insgesamt 282 Haubentaucherpaare mit Bruterfolg zu verzeichnen waren. Das bedeutet, dass von den insgesamt 1.375 Paaren, die im Bereich der Schweriner Seen ein Brutrevier besetzten, 20,5 % erfolgreich zur Brut schritten und das der durchschnittliche Bruterfolg (bezogen auf alle Paare) nur 0,33 jv./BP betrug.
Auch bei den erfolgreichen Brutpaaren sind durch Eier- und/oder Jungvogelverluste drastische Einbußen bei der Brutgröße zu verzeichnen. So entwickelten sich bis Mitte August aus den durchschnittlich 3,1 Eiern/Brutpaar nur durchschnittlich 1,6 Jungvögel pro Brutpaar. Das bedeutet, dass bei den Paaren mit Bruterfolg nur aus 51,6 % der gelegten Eier sich flügge Jungvögel entwickelten.
Die maximale Jungenzahl, die ein Paar führte, entspricht mit 7 Jungvögeln (eine Registrierung) auch der maximalen Gelegegröße mit 7 Eiern, die in nur einem Nest festgestellt wurde. Brutverluste traten sowohl während der Brutphase durch Raub bzw. Zerstörung von Eiern durch Prädatoren als auch nach dem Schlupf der Jungvögel während der Bettelphase auf. In der Kolonie der Insel Lieps konnten am 31.5.2002 eine Reihe wohl vor allem von Nebelkrähen Corvus corone cornix und Kolkraben Corvus cornix (beide Arten hielten sich zu diesem Zeitpunkt im Uferbereich auf) aufgepickten Eiern festgestellt werden. Mitunter waren ganze Gelege vollständig geplündert. Als weiterer potenzieller Prädator kommt der auch an den Schweriner Seen vorkommende Mink Mustela vison in Frage.
Aus der Abb. 2 wird ersichtlich, dass es während der Bettelphase der Jungvögel zu weiteren einschneidenden Verlusten kommt. So sank der Anteil von Paaren die anfangs noch 3 oder 4 Junge führten im Verlauf der Bettelphase immer weiter und verschob sich zugunsten des Anteils der Paare, die nur noch 1 oder 2 Junge führten. Im Juni dominierten die Paare mit drei Jungvögeln (44,4 %), im Juli mit zwei Jungvögeln (49,8 %) und im August mit nur noch einem Jungvogel (55,8 %). Als Prädatoren für die Jungvögel kommen der Seeadler Haliaeetus albicilla und der Hecht Esox lucius in Frage.
Das trotz des erwähnten Jungvogelverlustes die Gesamtjungenzahl Mitte August im Vergleich zur Gesamtjungenzahl vom Juli noch anstieg (von 435 auf 449 jv.), lag vor allem daran, dass nach den Julikontrollen noch Jungvögel aus Spätbruten (Nachgelege) schlüpften. Der späteste Schlupftermin lag etwa zwischen dem 11. und 14. August - noch am 21.8.2002 wurde auf dem Schweriner Innensee ein Paar festgestellt, dass 2 Jungvögel führte, die höchstens 7-10 Tage alt waren.
2. als Nichtbrüter, Mauser- oder Rastvogel auf dem Schweriner See 2001/2002
Wie aus der Abb. 3 hervorgeht, vollzog sich an den Schweriner Seen in den Monaten August und September das Hauptdurchzugs- und -rastgeschehen. Der maximale Rastbestand wurde bereits schon im August mit 3.153 Expl. erreicht. Er sank dann im September nur geringfügig und im Oktober und November rasch ab. Im Dezember 2001 nahmen die Haubentaucherzahlen wieder stark zu. Es handelte sich hierbei offenbar um Tiere, die hier überwintern wollten, was allerdings dann durch die Kältewelle verbunden mit einer Totalvereisung der Seen im Januar 2002 unterbunden wurde.
Während der ganzen Brutperiode hielten sich auch Nichtbrüter im Gebiet auf. Im Mai, also in dem Zeitraum mit dem höchsten Anteil brütender Paare, wurden insgesamt 237 Nichtbrüter registriert. Bezogen auf die insgesamt festgestellten 1.375 Brutpaare beträgt somit der Nichtbrüteranteil an der Teilpopulation der Schweriner Seen 8,8 %. Der Anteil der Nichtbrüter stieg im Juni auf 438 und im Juli auf 1.048 Expl. an. Diese Zunahme ist sicherlich damit zu erklären, dass in diesem Zeitraum ein großer Teil der Brutpaare ihr Gelege oder ihre Jungvögel verloren hatten und sich anschließend zu kleineren oder größeren Trupps zusammenschlossen.
Der oben genannte maximale Rastbestand von 3.153 Expl. im August 2002 kann sich theoretisch aus der gesamten Teilpopulation der Schweriner Seen zusammensetzen. So ergibt sich folgende Rechnung:
1.375 Brutpaare |
= |
2.750 Adulti |
|
+ |
247 Nichtbrüter |
|
+ |
449 flügge Jungvogel |
|
= |
3.446 Exemplare |
Die aus den Brutpaaren, flüggen Jungvögeln und Nichtbrütern ermittelte Summe von 3.446 Haubentauchern liegt noch über dem Wert des maximalen Rastbestandes, so dass davon ausgegangen werden kann, dass Ende August schon ein gewisser Teil des Bestandes von den Schweriner Seen abgezogen ist. Möglicherweise kam es in diesem Zeitraum auch schon zu einem Zuzug. In welchem Verhältnis Abzug und Zuzug stehen und ob es überhaupt einen nennenswerten Zuzug gegeben hat, konnte aus methodischen Gründen nicht ermittelt werden.
Trupps von rastenden Haubentauchern waren mehr oder weniger über alle Uferzonen der Seen verteilt. Auffällig ist, dass große Abschnitte des Ostufers des Schweriner Außensees von rastenden Haubentauchern kaum frequentiert wurden. Es handelt sich hierbei um besonders flache und windexponierte Uferzonen. Der kaum frequentierte Bereich setzt sich allerdings in südwestliche Richtung als Flachwasserzone (max. 5 m tief) bis in die Seemitte und hier auch in Bereiche mit einer größeren Wassertiefe fort. In diesen Bereichen ist offenbar weniger Nahrung (Kleinfische) vorhanden bzw. ist die Nahrung schwerer verfügbar.
Kleinere Trupps der Haubentaucher hielten sich vielfach nur in den unmittelbaren Uferbereichen auf, während größere Trupps vielfach auf den freien Seeflächen und in Bereichen mit größeren Wassertiefen registriert wurden. Nahrungsuchende Haubentaucher wurden in allen Tiefenzonen der Seen festgestellt. Da Haubentaucher in tiefen Seen regelmäßig bis zu 20 m (und vereinzelt bis zu 40 m) tief tauchen (GLUTZ VON BLOTZHEIM (1987), können sie offenbar auch problemlos die tieferen Seebereiche zur Nahrungsaufnahme nutzen. So ist der Karte 6.1 zu entnehmen, dass beispielsweise in den Tiefenzonen südöstlich der Insel Lieps, südwestlich der Insel Kaninchenwerder und nordöstlich der Insel Ziegelwerder größere Haubentauchertrupps registriert wurden. Die zahlenmäßig stärksten Haubentauchertrupps wurden nordöstlich der Insel Ziegelwerder festgestellt. Hier wurden an folgenden Terminen die größten Ansammlungen registriert:
17.08.02 |
|
470 Expl. |
21.08 und 26.08.02 |
|
870 Expl. |
13.09.02 |
|
650 Expl. |
|
|
|
Am 26.08.02 wurden aus dem Trupp von 870 Expl. in 15 ausgewählten Gruppen das Verhältnis von Alt- zu Jungvögeln ermittelt (insgesamt wurden hierbei 1.258 Tiere ausgezählt). Das Verhältnis von Alt- zu Jungvögeln betrug insgesamt 1:0,47.
Die den großen Trupp bildenden Haubentaucher hielten sich in einem ca. 300-500 m langen Band 50-150 m vom Görslower Ufer entfernt auf. Die Wassertiefen in diesem Bereich betragen etwa 8-25 m. Das Ufer fällt in diesem Bereich sehr steil ab, so dass eine ausgeprägte Scharkante vorhanden ist.
Der Haubentaucher - Vogel des Jahres 2001
Haubentaucher im NaturSportinfo des BfN