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Friedliche Revolution 1989

Gedächtnisorte Schwerin

 © Andreas Peeck_Interessengruppe Geschichte des Arsenals

Gedenken und Erinnerung sind dann zukunftsfähig, wenn sie dauerhaft wachgehalten und mit einer historischen und politischen Bildungsarbeit verbunden werden. Die auf dieser Seite vorgestellten Schweriner Orte und Denkmale erinnern an die Zeit des politischen Unrechts und der Freiheitsbestrebungen in den 1980er-Jahren bis zur Wiedervereinigung.

 © Landeshauptstadt Schwerin/Kay Jasper- Eingang Paulskirchenkeller

Paulskirchenkeller

Organisationsort für die ersten Montagsdemonstrationen des Neuen Forums 1989

Seit den 1980er-Jahren ist der Paulskirchenkeller ein Treffpunkt für Jugendliche und junge Erwachsene. Hier fanden in den späten Jahren der DDR beispielsweise Punker, Ausreisewillige, Wehrdienstverweigerer, Umwelt- und Friedensaktivisten mit ihren verschiedenartigen Ansichten einen Platz, jenseits der politisch organisierten Massenorganisationen. Hier entwickelte sich, unter kirchlicher Obhut, der beliebte Jugendtreff „Paule“ – wie der Paulskirchenkeller bis heute liebevoll von seinen Besuchern genannt wird.

Es verwundert daher nicht, dass sich das „NEUE FORUM“ für den Bezirk Schwerin am 2. Oktober 1989 mit ca. 800 Teilnehmenden in der Paulskirche gründete und fortan jeden Mittwoch in Räumen des Paulskirchenkellers tagte. Auch die Planungen für die erste Schweriner Massendemonstration am 23. Oktober 1989 wurden im Paulskirchenkeller besprochen.

 © Landeshauptstadt Schwerin/Kay Jasper-Alter Garten

Der Alte Garten

Ein Platz „Zur guten Hoffnung“

Auf dem Alten Garten versammelten sich nach einem Aufruf des Neuen Forums zehntausende Schwerinerinnen und Schweriner, um friedlich mit Kerzen in der Hand für Demokratie und Freiheit einzutreten, sowie die Zulassung des Neuen Forums, freie Wahlen, Reise-, Demonstrationsfreiheit, Presse- und Informationsfreiheit zu fordern. Hier begann am 23. Oktober 1989 die erste Schweriner Montagsdemonstration.

Vom 23. bis zum 26. November 1989 weilte eine offizielle Delegation der Stadt Wuppertal in Schwerin. Anlass war die Beratung zum Jahresplan 1990 zwischen den beiden Partnerstädten. Abschließend wurde als offizielles Gastgeschenk der Stadt Wuppertal an die Stadt Schwerin das symbolische Straßenschild „Zur guten Hoffnung“ an die Vertreter der Bürgerbewegungen in der Erwartung der sich abzeichnenden Veränderungen in der DDR, die der Städtepartnerschaft Wuppertal – Schwerin einen neuen Inhalt geben sollten, übergeben. Das Schild wurde während der Montagsdemonstration auf dem Alten Garten am 4. Dezember 1989 am Alten Palais an der Ecke Schlossstraße/Alter Garten von Herrn Hacker und Herrn Sendzik als Zeichen der Hoffnung befestigt.

 © Hendrik Lietmann / Justizkomplex am Demmlerplatz

Justizkomplex am Demmlerplatz

Vom Haft- zum Erinnerungsort

Der historische Gerichts- und Gefängniskomplex am Demmlerplatz war die meiste Zeit seiner Errichtung im Jahr 1916 Sitz des Justizapparates. In der NS-Zeit hatten hier u.a. ein Erbgesundheitsgericht, das über 500 Zwangssterilisationen anordnete, und ein v.a. für die Verfolgung politischer Gegner zuständiges Sondergericht ihren Sitz.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Haftgebäude von der Sowjetischen Geheimpolizei als Untersuchungshaftanstalt genutzt, das Justizgebäude vom Sowjetischen Militärtribunal für Mecklenburg. Ab ca. 1953 war das Justizgebäude Sitz der Schweriner Bezirksverwaltung des „Ministeriums für Staatssicherheit“ (MfS), der Hafttrakt diente als Untersuchungshaftanstalt des MfS für den Bezirk Schwerin. Als Untersuchungsorgan in Strafverfahren verfügte das MfS über insgesamt 17 Untersuchungshaftanstalten auf dem gesamten Gebiet der DDR.

Mit der Auflösung der ehemaligen Bezirksverwaltung des MfS wurde der denkmalgeschützte Gebäudekomplex wieder der Justiz zur Verfügung gestellt. Durch die Landesregierung wurde 1998 die Einrichtung einer Gedenkstätte m ehemaligen Zellentrakt des Gebäudes beschlossen. Nachdem im Jahr 2000 die Landeszentrale für politische Bildung Mecklenburg-Vorpommern die Trägerschaft übernommen hatte, wurde das Dokumentationszentrum am 6. Juni 2001 feierlich eröffnet und mit dem Aufbau der 2005 fertiggestellten dreiteiligen Dauerausstellung im ehemaligen Zellentrakt begonnen. Diese Dokumentation widmet sich der Geschichte der politischen Verfolgung im 20. Jahrhundert anhand regionaler Beispiele.

Dokumentationszentrum Schwerin
 © Landeshauptstadt Schwerin / Kay Jasper

Die Skulptur „Runder Tisch“

Ein künstlerisches Sinnbild der Wendezeit

Nur wenige Monate nach den ersten freien Kommunalwahlen in der DDR fand im Sommer 1990 das 2. Bildhauersymposium in Schwerin statt, an dem sich auch der Lübecker Künstler Guillermo Steinbrüggen beteiligte. Seine Skulptur der „Runde Tisch“ entstand in einem Stadium des Übergangs und Neubeginns. Noch bestand die DDR formal, obwohl die Wiedervereinigung im Oktober 1990 schon greifbar war. Wahrscheinlich kann kein anderes Denkmal zur politischen Wende in der Bundesrepublik Deutschland auf solch eine interessante Entstehungsgeschichte zurückblicken. Denkmäler werden zumeist aus einer Position der Rückbesinnung geschaffen, um Gedenken und Erinnerung zu kultivieren. Nur selten sind sie ein Ergebnis des aktuellen Geschehens. Der „Runde Tisch“ von Schwerin ist eines dieser seltenen Stücke. 1990 wurde der „Runde Tisch“ auf dem Schweriner Marktplatz aufgestellt. Im August 1995 fand die Skulptur ihren heutigen Standort an der Kreuzung Puschkinstraße / Großer Moor.

Was war der Runde Tisch? - Nach der Maueröffnung boten die Blockparteien der DDR und die Volksvertretungen den neuen politischen Gruppierungen an, in den Bezirkstag bzw. in die Stadtvertretung mit eigenen Fraktionen kooptiert zu werden. Diese lehnten ab, da diese Vertretungen nicht demokratisch legitimiert waren. In der Folge etablierten sich auf den verschiedenen staatlichen Ebenen Runde Tische. Die Plätze waren zu gleichen Teilen unter den alten und neuen politischen Gruppierungen und Parteien verteilt. Ziel war es, an den Runden Tischen politische Entscheidungen und Verwaltungshandeln zu kontrollieren. Nach der Volkskammerwahl am 18. März 1990 lösten sich die Runden Tische wieder auf.

Die Figuren der Skulptur symbolisieren den argumentativen Advokaten, das betrachtende Volk, den Revolutionär, den Opportunisten und die dunkle Macht. Auch die Farbgebung enthält eine wichtige künstlerische Aussage. So steht das Gelb für die aufrollende Intelligenz, das Blau für die ruhende Substanz, das Rot für das grenzgängerische Revolutionäre und das Grün für die Wut der Drohung.

Flyer Runder Tisch Künstlergespräch
 © Landeshauptstadt Schwerin/Kay Jasper-Arsenal

Gedenkzeichen am Arsenal

Rußspuren erinnern an erste Montagsdemonstration 1989

Am 23. Oktober 1989 erleuchteten hunderte von Demonstrationsteilnehmern abgestellte Kerzen die Fassade des Arsenals, das als Dienstsitz der „Bezirksbehörde der Volkspolizei“ fungierte. Die Rußfahnen der auch auf den Gesimsen abgestellten Kerzen blieben als flüchtiges Erinnerungszeichen an Schwerins erste Montagsdemonstration auch nach der Wiedervereinigung erhalten. Im Zuge der Sanierung des Gebäudes wurde 1999 die ursprünglich ockerfarbene Fassadengestaltung wiederhergestellt, wodurch allerdings die langjährige weiße Farbgebung verloren ging. Ein Segment der zum Pfaffenteich gerichteten Schauseite des Gebäudes wurde weiß belassen, um hierdurch die im Oktober 1989 entstandenen Rußfahnen zu erhalten. Eine Stele mit einem zeitgenössischen Foto und der Aufschrift „KERZEN / IN DER HAND DES EINZELNEN / EINE MUTIGE GESTE / ALS LICHTERKETTE FÜR FREIHEIT / UND GEGEN DIKTATUR / EIN UNVERGESSLICHES SIGNAL / 23. OKTOBER 1989“ erinnert an die Geschehnisse im Herbst 1989, wenn auch die Rußspuren im Laufe der Jahre zunehmend verblassen.

Flyer Geschichte des Arsenals
 © Blank/Banner

Geschichtspfad Freiheit Schwerin

Freiheitsbestrebungen sichtbaren Ausdruck geben

Angeregt durch einen Beschluss der Schweriner Stadtvertretung vom Juni 2013 begaben sich Jugendliche verschiedener Schulen im Rahmen eines Stadtgeschichtsprojektes auf Spurensuche nach Freiheitsbestrebungen im 19. und 20. Jahrhundert. Die Eröffnung des so entstandenen Geschichtspfades Freiheit erfolgte aus Anlass des 25. Jahrestages des Mauerfalls im November 2014. Im Ergebnis ist unter anderem folgende Internetseite entstanden:

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Der Herbst 1989 in der DDR

... steht für den Aufbruch in Freiheit und für die Beendigung der SED-Diktatur. Das friedliche Engagement von Bürgerinnen und Bürgern war entscheidend für die Wiedererlangung der demokratischen Selbstbestimmung und für die Deutsche Einheit. Ihre Kraft erlangte die Friedliche Revolution durch ihren Charakter als dezentrales Ereignis. Sie ging von den einzelnen Bezirken, Kreisen und Gemeinden aus und war geprägt durch Demonstrationen, Zusammenkünfte und Diskussionen in unzähligen kleineren Städten und Gemeinden. Dies gilt auch für die heutige Landeshauptstadt Schwerin.

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