Im Dorfschullehrergarten des Freilichtmuseums Mueß © Landeshauptstadt Schwerin/Fred-Ingo Pahl
Anno 1888 beschrieb der Lehrer E. Gang in einer Artikelserie die Anlage seines Lehrergartens von der Urbarmachung des Geländes bis zum letztendlichen Ertrag aus der Ernte. Ergänzt durch zwei Gartenpläne enthielt diese Beschreibung ausreichend Details, um eine ähnliche Gartengestaltung im Mueßer Freilichtmuseum vornehmen zu können. Das in Schwerin-Mueß in Situ erhaltene Dorfschulensemble mit Schule, Wirtschaftsscheune, Schulhof, Streuobstwiesen und Gartenland bot eine einmalige Gelegenheit für die Inszenierung eines idealtypischen Dorfschullehrergartens des 19. Jahrhunderts. Kernelemente der Anlage sind der sortenreiche Gemüse- und Staudengarten, die Baumschule, der Bienenschauer und die Maulbeerhecke. Diese Gartenbestandteile spiegeln das landesherrliche Interesse an der Förderung des noch wenig verbreiteten Obstanbaues, der Honig- und Seidenproduktion sowie der Verbreitung von nützlichen Gemüsesorten im 19. Jahrhundert wider. Der Lehrer wurde so zum Vorstreiter einer amtlichen Gartenidee. Heute beherbergt der Mueßer Dorfschullehrergarten nahezu 60 unterschiedliche Gemüsesorten aus dem 19. Jahrhundert. Das Museum leistet somit einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der historischen Nutzpflanzenvielfalt. Im Jahr 2003 wurden z.B. im Mueßer Dorfschullehrergarten 20 seltene, wohlschmeckende und vielfarbige Kartoffelsorten, die man teilweise in unserer Region gezüchtet hat, angebaut.
Die Vielfalt der Kartoffelsorten ist bei den Sammlern groß: es gibt Sorten mit gelber, roter oder blauer Schale und farbigem Fleisch. Mehlige Sorten eignen sich für Pürees und Klöße, festkochende für Salat und Salzkartoffeln. Der „Liebhaberanbau“ erzielt meist keine Spitzenerträge, doch macht es Freude, die Sorten, deren Namen man eventuell noch kennt, wieder anzubauen und zu essen. Oft sind regionale, alte Landsorten darunter, die ohne die Sortenpfleger ganz aussterben würden. Dem Freilichtmuseum ist es wichtig, dass im verschwinden begriffene Kulturgut, und die selten gewordenen Sorten zu erhalten. Es sind sowohl klingende Kartoffelsorten dabei, wie: Ackersegen, Allerfrüheste Gelbe, Blaue Schweden, British Columbia Blue, Capella, Carnea, Deodora, Flava, Frühe Rosenkartoffel, Hindenburg, Kerkauer Kipferl, La Ratte d`Ardeche, Mittelfrühe, Odenwälder Blaue, Ora, Parnassia, Pirat, Professor Wohltmann, Schwarze Ungarin, Tannenzapfen...
Eine der ältesten, für einen mecklenburgischen Standort, nachgewiesenen Nutzpflanzen ist die Krögersche Stangenbohne, Phaseolus vulgaris. 1997 wurde dem Freilichtmuseum diese Bohne angeboten. Nachweislich wird sie schon seit 1850 bei der Familie Kröger in Strohkirchen bei Hagenow angebaut. „Dat wür ümmer so wierer gäben, von Vadder up`n Sön“ berichtet Frau Kröger. So konnte sich die Bohne, von Generation zu Generation weitergegeben, mit ihren Eigenschaften bis heute erhalten. Die gelbe Kletterbohne, die von Familie Kröger auch „Türkische Erbse“ genannt wird, zeichnet sich durch einen besonders aromatischen Geschmack aus. Ein weiteres Qualitätsmerkmal der Bohne ist, dass sie keine Fäden hat. „Dat sünd de besten Bohn för Bohn, Birn un Speck“ sagt Frau Kröger „un de Nawersch het nich sünne gauden“. Dadurch, dass die Bohnen am Ende ihrer Reifezeit keine Fäden entwickelt, kann sie noch sehr spät geerntet und verarbeitet werden.