Hinter den Kulissen des Mecklenburgischen Staatstheaters
Bei der Behörde sei es wie im Theater, witzelte der Komiker Heinz Erhardt einst, „ein paar arbeiten, aber die meisten schauen zu.“ Klingt lustig, ist aber nicht ganz wahr. Wer das Vergnügen hat, einmal hinter die Kulissen des Mecklenburgischen Staatstheaters schauen zu dürfen, lernt als Erstes: Eine Menge Bühnenzauber stecken im Schweriner Theater – und viel Arbeit. Tina Koball, Theaterpädagogin im Mecklenburgischen Staatstheater, kennt das ungläubige Staunen ihrer Besucher, wenn sie durch das rätselhafte Innenleben ihres Arbeitsplatzes führt.
Die Besucher können sich kaum sattsehen
Allein die Requisite: Rund fünf Millionen Gegenstände werden dort aufbewahrt, vom falschen Bart bis zur echten Büste, vom Flipperautomat bis zur überdimensionalen Rathausglocke. „Wer behält denn hier drin den Überblick?“ fragen Besucher immer wieder und können sich an diesem prächtigen, farbenfrohen Plunder-Palast kaum satt sehen. Das sind Momente, die Tina Koball besonders mag: „Es begeistert mich einfach, wenn ich hier Menschen erlebe, die vom Theater noch gar keine richtige Idee haben“ sagt die Theaterpädagogin, „und die dann hinterher ganz beseelt von den vielen Eindrücken nach Hause gehen.“
Es sind Einblicke in die Welt des Theaters, die man sonst als Zuschauer von der Bühne nicht einmal erahnt. Wer mit Tina Koball oder ihren Kollegen durch die Katakomben streift, lernt zum Beispiel, dass der eiserne Theatervorhang, der im Brandfall den Bühnen- und den Zuschauerraum räumlich voneinander trennt, so schwer ist wie zwei kleine Elefanten – insgesamt fünf Tonnen. Oder, dass man mit Hilfe dünner Bleche und durch viele an Strippen hängenden Kugeln einen mächtigen Theaterdonner erzeugen kann, den man in den Zuschauerreihen des Mecklenburgischen Staatstheaters noch bis auf den letzten Platz hört. Oder wie es sich als Musiker im Orchestergraben arbeiten, als Lichttechnikerin knapp unter dem Theaterdach beleuchten lässt – und dass es in den Werkstätten des Theaters zugeht wie in einem Mix aus Schreinerei, Schneiderei und Ballettschule. Denn wer hätte gedacht, dass die Tänzerinnen des Theaterensembles direkt in einem Studio neben den Schneiderinnen ihre Trainings-Pirouetten drehen?
Die Freude an ihrem Job ist Tina Koball anzumerken, etwa wenn sie Besuchern noch am Tag der Premiere der jährlichen Schweriner Schlossfestspiele über die Lichttechnik auf der Freilichtbühne im Innenhof des Schlosses spricht. Seit 1993 sind die Schlossfestspiele vor der Kulisse des Schweriner Schlosses bereits ein erfolgreicher Fixpunkt im kulturellen Leben Mecklenburg-Vorpommerns. Nach zwei Jahrzehnten hat sich nun auch der frisch renovierte Schlossinnenhof wieder als Festspielort etabliert. 2022 steht beim Open Air „Wie es euch gefällt“ von Shakespeare auf dem Spielplan: Am 25. Juni 2022 geht es los. Bis dahin werden Tina Koball und ihre 328 Kollegen weiterhin nach Kräften dafür sorgen, dass alle Interessierten – auch Kinder und Jugendliche – die Magie des Theaters kennen und spüren lernen.