Nachfolgend finden Sie Hinweise und Erklärungen zu den Einrichtungen, Unternehmen und Personen, die nach § 20 a Abs. 1 IfSG betroffen sind.
Zu 1. i) Praxen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe
Unter einer Praxis sind die verschiedenen Räumlichkeiten einer einen Heilberuf ausübenden Person erfasst, in denen sie Patienten empfängt, berät, untersucht und therapiert.
Bundesrechtlich geregelte humanmedizinische Heilberufe sind u. a.:
- Diätassistentin und Diätassistent,
- Ergotherapeutin und Ergotherapeut,
- Hebamme und Entbindungspfleger,
- Logopädin und Logopäde,
- Masseurin und medizinische Bademeisterin und Masseur und medizinischer Bademeister, · Orthoptistin und Orthoptist,
- Physiotherapeutin und Physiotherapeut und
- Podologin und Podologe.
Unter § 23 Absatz 3 Satz 1 Nr. 9 IfSG (Infektionsschutzgesetz) fallen alle Praxen sowohl von Angehörigen der genannten Berufe sowie – obwohl sie nicht zu den o. g. reglementierten Berufen gehören – von Angehörigen von sonstigen Heilberufen, deren Tätigkeit die Heilung von Krankheiten und die medizinisch-helfende Behandlung und Betreuung von Patienten mit sich bringt. Dazu gehören zum Beispiel Heilpraktiker, Osteopathen und Sprachtherapeuten.
Erfasst sind die Angehörigen dieser Berufe auch dann, wenn sie ihre Leistungen ambulant (z. B. in der räumlichen Umgebung bei Patientinnen und Patienten erbringen). Nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes ist eine weite Auslegung angezeigt, weil hier ein vergleichbares Ansteckungsrisiko besteht.
Zu 1. n) Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation nach § 51 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und Dienste der beruflichen Rehabilitation
Bei den Rehabilitationseinrichtungen ist es unerheblich, in welchem Umfang die Leistungen erbracht werden (stationär, ambulant). Die dort tätigen Personen fallen unter die Nach-
weispflicht. Zu den medizinischen Rehabilitationseinrichtungen zählen auch Einrichtungen der beruflich-medizinischen Rehabilitation (Phase I und II) sowie Rehabilitationseinrichtungen für psychisch kranke bzw. behinderte Menschen (RPK). Bei den RPK kann die Nachweispflicht der dort Tätigen nur auf die gesamte Einrichtung bezogen betrachtet werden, das heißt unabhängig davon, dass neben den Leistungen zur medizinischen Rehabilitation auch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden. Personen, die in Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation nach § 51 SGB IX tätig sind, fallen unter die Nachweispflicht. Die freien Bildungsträger zählen nicht zu den Einrichtungen bzw. zu den vergleichbaren Einrichtungen im Sinne von § 51 SGB IX, weil sie sich regelmäßig in ihrer Struktur davon unterscheiden. Sie halten häufig keine umfassenden rehabilitativen Fachdienste bereit und richten ihre Angebote nicht ausschließlich an Rehabilitanden bzw. Menschen mit Behinderungen. Bei den freien Bildungsträgern handelt es sich insbesondere um Akademien, Bildungszentren, Fachhochschulen, Fach- und Technikerschulen. Dienste der beruflichen Rehabilitation sind insbesondere die Integrationsfachdienste, Dienstleister im Rahmen der Unterstützten Beschäftigung, des Budgets für Arbeit und des Budgets für Ausbildung sowie Unternehmen, die Arbeitsassistenzleistungen erbringen.
Zu 2. Hierzu zählen insbesondere die voll- und teilstationären Pflegeeinrichtungen gemäß § 72 SGB XI.
Aus dem Bereich der Eingliederungshilfe zählen dazu besondere Wohnformen für Menschen mit Behinderungen und Werkstätten für behinderte Menschen im Sinn des § 219 SGB IX, andere Leistungsanbieter nach § 60 SGB IX sowie andere vergleichbare tagesstrukturierende Angebote (z. B. Tagesförderstätten). Bei den Werkstätten für behinderte Menschen wird auf die Einrichtung insgesamt abgestellt, somit nicht zwischen Eingangsverfahren bzw. Berufsbildungsbereich einerseits, und dem Arbeitsbereich andererseits unterschieden. Auch vollstationäre Einrichtungen (z. B. betreute Wohngruppen für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen) und teilstationäre Einrichtungen (z. B. Heilpädagogische Tagesstätten, heilpädagogische Kindertagesstätten) für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen zählen hierzu. Dies gilt auch für voll- und teilstationäre Einrichtungen für Kinder und Jugendliche mit seelischen Behinderungen. Nicht erfasst werden hingegen integrative Kindertagesstätten, da dort von einem anderen Sachverhalt auszugehen ist. Nicht dazu zählen Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe.
Zu 3. Zu den ambulanten Pflegediensten und Einrichtungen, welche den voll- und teilstationären Einrichtungen zur Betreuung und Unterbringung älterer, behinderter oder pflegebedürftiger Menschen vergleichbare Dienstleistungen anbieten, zählen insbesondere folgende Einrichtungen (§ 20a Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 Buchst. a bis f IfSG):
- ambulante Pflegeeinrichtungen gemäß § 72 des Elften Buches Sozialgesetzbuch sowie Einzelpersonen gemäß § 77 des Elften Buches Sozialgesetzbuch,
- ambulante Pflegedienste, die ambulante Intensivpflege in Einrichtungen, Wohngruppen oder sonstigen gemeinschaftlichen Wohnformen erbringen,
- Unternehmen, die Assistenzleistungen nach § 78 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch erbringen,
- Unternehmen, die Leistungen der interdisziplinären Früherkennung und Frühförderung nach § 42 Absatz 2 Nummer 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und § 46 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch in Verbindung mit der Frühförderungsverordnung oder heilpädagogische Leistungen nach § 79 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch erbringen,
- Beförderungsdienste, die für Einrichtungen nach § 20a Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 IfSG dort behandelte, betreute, gepflegte oder untergebrachte Personen befördern oder die Leistungen nach § 83 Absatz 1 Nummer 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch erbringen, und
- Leistungsberechtigte (Budgetnehmer), die im Rahmen eines Persönlichen Budgets nach § 29 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch Personen für die Erbringung entsprechender Dienstleistungen beschäftigen.
Die im Gesetz vorgenommene Aufzählung ist nicht abschließend. So gilt etwa im Bereich der Pflegeversicherung, dass auch die ambulanten Betreuungsdienste gemäß § 71 Abs. 1a SGB XI wie auch die ambulanten Pflegedienste (§ 71 Abs. 1 SGB XI) zu den zugelassenen Leistungserbringern zählen und insoweit erfasst sind.
Familienentlastenden Dienste in der Behindertenhilfe (FED), die etwa auch als Familienunterstützende Dienste (FUD) bekannt sind, sind dann erfasst, wenn sie, ggf. neben weiteren Leistungen, auch Leistungen zur Betreuung der Menschen mit Behinderungen anbieten, die u. a. mit Assistenzleistungen nach § 78 SGB IX vergleichbar sind. Ebenso erfasst sind Personen, die in ambulant betreuten Wohngruppen zur Behandlung, Betreuung oder Pflege älterer oder pflegebedürftiger Menschen tätig sind.
Zu den Unternehmen, die im Sinn des § 20a Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 IfSG vergleichbare Dienstleistungen anbieten, zählen auch Unternehmen, die Leistungen zur Teilhabe an Bildung nach § 112 SGB IX erbringen. Demnach unterliegen auch Schulbegleiterinnen und Schulbegleiter der Nachweispflicht.
Betroffene Personen
Das Gesetz erfasst nach ihrem Wortlaut Personen, die in den vorgenannten Einrichtungen und Unternehmen tätig sind. Das ist eine sehr weitgehende Formulierung, nach der es insbesondere nicht darauf ankommt, auf welcher rechtlichen Grundlage Personen in den Einrichtungen tätig sind. Demnach sind von der Regelung beispielsweise erfasst:
- Arbeitnehmer*innen (auch wenn befristet oder in Teilzeit beschäftigt),
- freie Mitarbeiter*innen ("Honorarkräfte"),
- Leiharbeitnehmer*innen,
- Auszubildende,
- ehrenamtlich Tätige,
- Freiwilligendienst Leistende (BFDG oder JFDG),
- Praktikant*innen.
Darüber hinaus wird auch nicht unterschieden, welche Tätigkeit die angesprochenen Personen (inhaltlich) ausüben, so dass sämtliche Einrichtungsbereiche darunterfallen, wie zum Beispiel auch:
- Geschäftsführung,
- Hausreinigung,
- Küche,
- medizinisches beziehungsweise Pflege- und Betreuungspersonal einschließlich zusätzlicher Betreuungskräfte nach § 53b SGB XI,
- Service (Empfang, Wachdienst, etc.)
- Verwaltung.
Für das "Tätigwerden" in den betroffenen Einrichtungen oder Unternehmen dürfte es allerdings erforderlich sein, dass die Personen nicht nur zeitlich ganz vorübergehend (nicht nur jeweils wenige Minuten, sondern über einen längeren Zeitraum) in der Einrichtung oder Unternehmen tätig sind.
Dies bedeutet, dass insbesondere folgende Personen der Nachweispflicht unterfallen:
- (externe) Handwerkerinnen und Handwerker, insbesondere Gesundheitshandwerkerinnen und -handerker wie Orthopädietechnik und medizinische Fußpflege, aber auch Personen, die Reparaturen im Gebäude durchführen.
- Mitarbeitende in der Verwaltung oder in technischen oder IT-Diensten, in der Leitung/Geschäftsführung, sofern keine klare räumliche Abgrenzung zu den in der Einrichtung bzw. dem Unternehmen behandelten, untergebrachten oder gepflegten Personen vorhanden ist,
- Friseurinnen und Friseure, die in die betroffenen Einrichtungen zum Haare schneiden kommen,
- Freie Mitarbeitende (z. B. Honorarkräfte, Beraterinnen und Berater o. ä.)
Nicht unter die Nachweispflicht fallen zum Beispiel Postbotinnen und Postboten oder Paketzustellerinnen und -zusteller und andere Personen, die sich lediglich über einen ganz unerheblichen Zeitraum in der Einrichtung aufhalten. Von der Nachweispflicht ausgenommen sind auch Personen, die ausschließlich außerhalb der Einrichtung oder des Unternehmens am Gebäude Arbeiten durchführen (zum Beispiel Bauarbeiterinnen und Bauarbeiter, Industriekletterer).
Die in den Einrichtungen oder Unternehmen behandelten, betreuten (auch medizinisch oder pflegerisch untersuchten), gepflegten oder untergebrachten Personen müssen keinen Nachweis vorlegen. Menschen mit Behinderungen, die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in einer Werkstatt für behinderte Menschen oder bei einem anderen Leistungsanbieter erhalten, unterfallen damit ebenso wie andere Betreute nicht der Nachweispflicht. Ebenso wenig unterfallen Besucherinnen und Besucher der behandelten, betreuten, gepflegten oder untergebrachten Personen (z. B. Angehörige) der Nachweispflicht, sofern sie in den Einrichtungen nicht, beispielsweise als rechtliche Betreuer, tätig werden.
Der Gesetzeswortlaut ist weit gefasst, sodass es grundsätzlich nicht darauf ankommt, ob die in einer Einrichtung oder Unternehmen tätige Person einen direkten Kontakt zu den vulnerablen Personengruppen hat. Einzig in den Fällen, in denen jeglicher Kontakt zu den gefährdeten Personengruppen und zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die einen direkten Kontakt zu diesen Personengruppen haben, wegen des Charakters der ausgeübten Tätigkeit sicher ausgeschlossen werden kann (beispielsweise räumlich abgetrennt tätigen Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter der ambulanten Pflegedienste oder in getrennten Verwaltungsgebäuden arbeitende Mitarbeitende), kann eine Tätigkeit in den betroffenen Einrichtungen und Unternehmen im Sinne des § 20a Absatz 1 Satz 1 IfSG verneint werden.
Quelle: Bundesgesundheitsministerium, Stand 01.02.2022